top of page
Suche

Spurenlesen in Afrika - Ein Reisebericht


Im August 2022 habe ich an einem Fährtenlesekurs im südafrikanischen Kruger Nationalpark teilgenommen. Über meine Erfahrung und Erlebnisse möchte ich im Folgenden berichten.

Fährtenlesen

Seit ich im Frühjahr das Buch Tierspuren Europas von Joscha Grolms gelesen habe, bin ich fasziniert vom Fährtenlesen. Vor allem seine langen Einführungen in die Kunst des Spurenlesens und wie man es am besten lernt, haben es mir angetan. Beim Umsetzen seiner Tipps für Anfänger wurde mir schnell klar, dass ich schnell an meine Grenzen komme, wenn ich alleine Spuren lese und niemanden dabei habe, der mich korrigiert. Ich habe daher angefangen nach entsprechenden Kursen zu schauen, unter anderem nach denen der FGASA, die in Tierspuren Europas erwähnt wird, einer südafrikanischen Organisation, die die Ausbildung von Rangern betreibt und einen internationalen Standard für das Zertifizieren der Fähigkeiten beim Fährtenlesen etabliert hat. Über Natucate bin ich dann auf den Fährtenlesekurs in Südafrika gestoßen (hier ist der entsprechende Kurs verlinkt) und habe diesen gebucht.

Der Kurs

Im südlichen Afrika gibt es viele Volksstämme, die das Tracking, also das Lesen von Tierspuren extrem gut beherrschen, weil sie dies zur Jagd genutzt haben und teilweise immernoch nutzen. Seit wenigen Jahren nutzen sie diese Fähigkeiten aber eher als Safariguides, um Tiere aufzuspüren. An den Kursen nehmen überwiegend Südafrikaner teil, die ebenfalls Safariguides werden möchten. Unter den Teilnehmern waren allerdings auch eine Handvoll Europäer, die wie ich aus persönlichem Interesse mitgemacht haben.


Der Fährtenlesekurs erstreckt sich über zwei Wochen. In der ersten Woche stehen „Tracks & Signs“ auf dem Programm, das heißt das man lernt, welche Tiere welche Spuren und andere Zeichen hinterlassen. Die zweite Woche beschäftigt sich mit dem „Trailing“, also dem Verfolgen von Spuren bis man das Tier aufspürt ( In dem Kurs wurde diese Praktik „Trailing genannt“, andere nutzen für die gleiche Tätigkeit den Begriff „Tracking“) . Die Kurse sind auch unabhängig voneinander in jeweils nur einer Woche, durchführbar.


Tracks & Signs

Im „Track & Signs“ Teil haben wir jeweils morgens und nachmittags für ca. drei Stunden das Camp verlassen und verschiedene Spuren analysiert. Entweder sind wir mit den Geländewagen an bestimmte Biotope gefahren oder haben einfach rund um das Lager geschaut, was man alles findet. Besonders dieser Teil war schwer für mich, da wir von Anfang an mit allen Tierspuren konfrontiert wurden. Viele der Tiere kannte ich nur oberflächlich, und da wir ausschließlich auf englisch über diese gesprochen haben, ist es mir noch schwerer gefallen. Vor allem die verschiedenen Antilopen wie Impala, Kudu und Nyala und die kleineren Tiere wie die verschiedenen Mangusten musste ich in der Freizeit immer wieder in meinen Büchern nachschlagen. Die anderen Teilnehmenden haben besonders mit den Spuren der vielen verschiedenen Vögeln Probleme gehabt, da diese oft sehr ähnlich sind und nur an winzigen Details unterscheidbar. Da wir in der ersten Woche dann auch etliche Tiere gesehen haben, ist es mir mit der Zeit leichter gefallen, die vielen Arten zu unterscheiden und identifizieren zu können. In den Mittagsstunden hatten wir immer eine Unterrichtseinheit im Camp, beispielsweise zu den Spuren der Huftiere oder zu verschiedenen Gangarten. Hatten wir abends noch ein bisschen freie Zeit, haben wir diese für „Sundowner“ genutzt, eine unter Safaritouristen beliebte Aktivität, bei der man zum Sonnenuntergang mit gepackter Getränkekiste an einen schönen Aussichtspunkt, beispielsweise an einem See, fährt und dort den Sonnenuntergang genießt und die Tiere beobachtet.


Am Ende der Woche wurden wir im Tracks & Signs Teil geprüft. Wir mussten 50 verschiedene Spuren und andere Zeichen identifizieren, um unsere Qualifikation zu erhalten. Für mich war die Prüfung ja eigentlich nebensächlich, da ich damit keine beruflichen Vorteile erreiche, aber da dies für andere Kursteilnehmer der Fall war, herrschte in den Tagen vor der Prüfung eine ziemlich konzentrierte Stimmung. Jeder lernte in der Freizeit und viele prüften sich gegenseitig als Vorbereitung. Ich ließ mich davon anstecken und konnte viele Unklarheiten mit Hilfe der anderen klären.

Trailing

In der zweiten Woche haben wir uns dem Trailing gewidmet. Jetzt wurde es wirklich anstrengend. Wir sind jeden Tag morgens früh aus dem Lager gefahren und haben nach geeigneten Spuren gesucht, um diese zu verfolgen. Primär wurde dabei nach Spuren von Elefanten, aber auch nach denen von Büffeln und Elandantilopen gesucht. Wurde eine geeignete Spur zum Verfolgen gefunden, bekam eine Person die Aufgabe, die Sicherheitseinweisung zu machen und danach die Fährte zu verfolgen. Nach einer Stunde wurde jeweils die verfolgende Person gewechselt, bis wir auf die Tiere gestoßen sind. Als derjenige, der mit dem Verfolgen der Fährte an der Reihe war, musste man die restliche Gruppe darauf hinweisen, sich möglichst leise und dicht beieinander in einer Reihe fortzubewegen. Als Fährtenleser war man immer die erste Person in der Reihe, dahinter die bewaffneten Ranger und der Rest der Teilnehmer. Beim Verfolgen der Spuren war es wichtig, markante Spuren und Zeichen mit dem Stock zu markieren oder zumindest darauf zu deuten, damit die anderen die Wahl der Route nachvollziehen können. Außerdem muss man darauf hinweisen, wenn man andere Tiere um einen herum hört oder sieht. Dies ist vor allem bei den Madenhackern besonders wichtig. Diese Vögel sitzen auf großen Säugetieren und ernähren sich von Parasiten, die auf diesen sitzen. Hört man den Ruf eines Madenhackers, muss man sofort anhalten und aufmerksam sein, da man sich sicher sein kann, dass ein großes Säugetier in der Nähe ist.


Auch wenn diese Wanderungen sehr anstrengend waren und manche Gruppenmitglieder an ihre körperlichen Grenzen gebracht wurden, weil wir stundenlang bei eisiger Kälte in den Morgenstunden bis zur extremen Hitze der Mittagszeit durch Gestrüpp und unzugängliches Terrain auf Bergen gewandert sind, waren sie wohl die besten Erfahrungen der Reise. Im Nationalpark gibt es ja so schon ausser ein paar Waldwegen keine Anzeichen von Zivilisation, aber beim Spurenverfolgen haben wir uns ohne Voraussicht auf das, was uns erwarten wird, mitten in den Busch begeben. Wir haben Spuren durch ausgetrocknete Flussbetten, meterhohes Savannengras, auf spärlich bewachsene Berge und durch extrem dicht bewachsene Uferbewaldungen verfolgt. Wir sind auf die verschiedensten Tiere gestoßen, haben Schlammbäder von Elefanten, frische Quellen, Tierkadaver und Fallen von Wilderern gefunden. Wenn unsere Fährtenverfolgung erfolgreich war und wir die Tiere gefunden haben, sind daraus immer unvergessliche Erfahrungen entstanden. Ich werde niemals vergessen, wie es sich anfühlt, plötzlich vor einer Elefantenherde zu stehen, ohne dass einen Zäune oder die Sicherheit vortäuschende Bordwand des Jeeps von ihnen trennen.

Gegen Ende der Woche wurden wir alle im „Trailing“ geprüft. Morgens fuhren wir raus, suchten eine geeignete Fährte, jeder von uns sollte diese für eine Stunde verfolgen, während die Tracker unsere Leistungen überwachten und bewerteten.

Unterkunft

Während des Kurses waren wir im Camp Makuleke untergebracht, dieses befindet sich ganz im Norden des Nationalparks, direkt an der Grenze zu Simbabwe und Mosambik. Die Gegend wird kaum von Safaritouristen frequentiert, es ist daher sehr ruhig. In diesem Gebiet gibt es sehr viele Elefanten, Wasserbüffel, Zebras und mehr. Löwen, Giraffen und Nashörner gibt es kaum bis gar nicht. Wir haben die Spuren von ein paar Leoparden gefunden und diese nachts manchmal gehört. Makuleke ist ein Hotspot für Birdwatcher, da es hier sehr seltene Vögel gibt, die man nur hier zu Gesicht bekommt.

Vom Hostel in Johannesburg aus haben wir etwa 8 Stunden erst mit dem Auto zum Eingang des Parks und von da aus weiter per Geländewagen bis zum Camp gebraucht. Bei der Ankunft war es leider schon dunkel, sodass ich das Camp und das eigene Hüttchen nur bedingt erkunden konnte. Ich hatte nur kurz Zeit meine Sachen abzustellen, danach ging es zum Abendessen und wir haben die Einweisung durch die Ranger bekommen.


Man wohnt immer zu weit in Stelzenhütten, die mit Fliegengittern verkleidet sind. Die Hüttchen sind relativ geräumig, haben immer eine Terrasse und ein eigenes Bad mit fließendem Wasser, Toilette und Dusche. Häufig kommen Tiere in das Camp. Während meines Aufenthalts waren täglich Grünmeerkatzen (engl: vervet monkeys; kleine Affen) und Paviane im Camp. Mehrmals hatten wir Elefanten zu Besuch. Manchmal haben wir uns auf Spurensuche auf dem kleinen Weg, der rund ums Lager führte, begeben und dort die Spuren so gut wie aller Tiere, die in der Gegend vorkommen gefunden. So haben wir gesehen, dass Hyänen, Zebras, Warzenschweine, Impalas, Leoparden, Cobras und viele andere das Camp besuchen. Im Internet habe ich gelesen, dass die Kursteilnehmer bewusst in diesen Camps untergebracht werden, damit sie vollständig in die Natur „eintauchen“. Genau das ist auch so passiert. Ohne Internetverbindung, rund um die Uhr an der frischen Luft, in kompletter Abgeschiedenheit und nur die Geräusche der Tiere um einen herum.

Besondere Erfahrungen


Eine wichtige Erfahrung im Camp war, zu sehen, wie schnell man sich mit den anderen Menschen dort anfreundet. Unter den dort herrschenden Alltagsbedingungen lernt man sich schnell kennen, die gemeinsamen Abende am Lagerfeuer werden zum Philosophieren genutzt. Es war besonders schön, mit so vielen Leuten zusammen zu sein, die sich ebenfalls so sehr für die Natur interessieren, so viel wissen und schon so viele spannende Dinge überall auf der Welt erlebt haben. Ich habe in der Zeit wirklich enge Freundschaften mit verschiedensten Menschen geschlossen.

Das Campleben an sich war ebenfalls sehr prägend. Jeder, der sich dort aufhält, macht das aus freien Stücken und hat Freude daran. Trotzdem gibt es klare Hierarchien, feste Abläufe und eindeutige Vereinbarungen, an die sich jeder zu halten hat, da andernfalls das Funktionieren des Camps nicht sicher gestellt wäre. Einige Teilnehmer waren echte Veteranen darin, für mich war das alles neu.

Am nachhaltigsten bleiben einem natürlich die Begegnungen mit den Tieren im Gedächtnis. Nach ein paar Tagen im Camp wird es fast zur Gewohnheit, ständig Paviane oder Zebras zu sehen. Erst wenn man sich die Bilder zuhause anschaut oder Freunden von Erlebnissen erzählt, merkt man, wie besonders diese Erfahrungen eigentlich sind. Ganz zu schweigen von den vielen besonderen Erlebnissen mit Wanderfalken, Elefanten, Nilpferden und anderen Tieren. Diese Reise hat mich nachhaltig verändert in meinem Blick auf mich und auf die Natur. Ich habe kurz darauf Das Geschenk der Wildnis von Elli Radinger gelesen, sie beschreibt sehr gut, was solche Erfahrungen mit einem machen. Weiterhin hat mir das Buch Afrika! von Katharina Vlcek geholfen, all mein gesammeltes Wissen über Afrika besser zu sortieren.

Bücher


Ich habe vier Bücher, die mir vorher empfohlen wurden, mit nach Südafrika genommen:

  1. Das Tracker Manual von Alex van den Heever, Karel Benadie und Renias Mhlongo, der dann auch mein Lehrer/Trainer im Camp war. Das Buch enthält stellt die Spuren aller Tiere im Kruger Nationalpark vor und kann somit für ganz Afrika genutzt werden. Wir haben täglich damit gearbeitet und ich hatte es immer im Rucksack mit dabei. Die Spuren werden zum einen verbal beschrieben und sind als Zeichnungen und auf Fotos abgebildet. Mir hat dieses Buch extrem geholfen, weil es sehr einfach strukturiert ist und die Hinweise zu den jeweiligen Spuren so gut beschrieben sind, dass man damit schnell mit dem Fährtenlesen vertraut wird. Selbst die Spuren der Vögel, die sich oft stark ähneln sind darin gut dargestellt. Ich habe dieses Buch in eigentlich jedem Buchladen in Südafrika gesehen, es zählt als das Standardwerk für die Tierspuren Afrikas.

  2. Den Game Ranger in Your Backpack von Megan Emmett und Sean Pattrick habe ich vor allem in der Freizeit im Camp genutzt, um die vielen mir neuen Tiere kennenzulernen. Anfangs ist es mir wirklich schwer gefallen, die Tiere, die ich vorher nicht kannte, anhand der Spuren auseinanderhalten zu können. Nyala und Kudu, Ginster- und Zibetkatze und viele Vögel habe ich mehrmals in dem Buch nachgeschlagen. Das hat mir besonders dadurch geholfen, dass es die Tiere mit vielen Bildern darstellt und immer viele Infoboxen zu den Tieren gibt. So kann man sich schnell einen Eindruck des Tieres und seiner Lebensweise und Gewohnheiten machen, ohne dafür viel Zeit ins Lesen investieren zu müssen (die hatten wir im Camp nämlich selten). Das Buch ist eine wirkliche Empfehlung von mir für Leute, die nach Afrika reisen und keine Experten der Tierwelt dort sind.

  3. The Behavior Guide to African Mammals von Richard Despaired Estes beschreibt die Lebensweisen der allermeisten afrikanischen Säugetiere. In diesem Buch habe ich viel im Vorfeld der Reise und auf dem Flug gelesen, einfach um mich mit der Lebensweise der mir bekannten Tiere Afrikas vertraut zu machen. Das Buch ist sehr ausführlich und wissenschaftlich gehalten, also kein wirkliches Lesevergnügen (noch dazu ist es auf Englisch mit vielen Fachbegriffen). Allerdings überzeugt es durch die detaillierten Beschreibungen der Tiere und die Zeichnungen. Ich habe es genutzt, um vor allem die Tiere, die wir getrailt haben, genauer kennenzulernen und deren Verhalten zu verstehen.

  4. Roberts Bird Guide von Chittenden, Davies und Weiersbye ist ein klassischer Artenführer zu den Vögeln des südlichen Afrikas. Makuleke ist ein wirklicher Hotspot für Birder der ganzen Welt, weil es hier sehr viele äußerst seltene Arten gibt. Während unserer Ausflüge sind die Birdwatcher in unserer Gruppe mehrmals nahezu ausgeflippt, weil wir Seltenheiten wie beispielsweise die Spatelracke gesehen haben. Ich habe mir die Namen der mir unbekannten Vögel dann immer notiert und abends in diesem Buch nachgeschlagen.

bottom of page